

Kreis Böblingen. Die Sozialpädagogin Marie Beddies arbeitet für Amila, die Beratungsstelle bei häuslicher Gewalt im Landkreis Böblingen. Der Trägerverein ist der Verein Frauen helfen Frauen, zu dem auch Thamar gehört, die Anlaufstelle für sexualisierte Gewalt. Im Stadtgespräch Böblingen geht sie darauf ein, wie sich diese Gewalt äußern kann und wie und wo Opfer Hilfe und Schutz finden.
Wie definieren Sie häusliche Gewalt?
Marie Beddies: „Das ist sehr individuell. Gewalt ist etwas Subjektives. Als Definition sehen wir psychische, physische, soziale und wirtschaftliche Gewalt, als nicht nur das blaue Auge. Gerade die psychische Gewalt mir Beschimpfungen, Bedrohungen und Demütigungen sind Formen, die von den Frauen als die schlimmere bezeichnet wird. Eine Statistik des Bundeskriminalamtes verzeichnet bei rund 80 Prozent der registrierten Fälle Frauen als Opfer. Hier reden wir vom Hellfeld, doch die Dunkelziffer ist deutlich höher.“
Sind da auch Kinder erfasst?
Marie Beddies: „Die werden hier nicht gesondert ausgewiesen, aber sie sind natürlich immer beteiligt, selbst wenn sie nicht direkte Opfer sind. Sie erleben die Gewalt mit, leben in einer Atmosphäre von Angst. Es gibt aber natürlich auch Familien, in denen die Kinder die Opfer sind durch Schläge, sexuellen Missbrauch, Beleidigungen und Bedrohungen. Da fallen dann schon mal Aussagen wie ,Wenn Du das jetzt nicht machst, nehme ich Dein Spielzeug weg oder wenn Du irgendwem erzählst, was Zuhause passiert, dann bringe ich die Katze um‘. Da liegt vieles außerhalb unserer Vorstellungskraft, was für diese Familien aber Alltag ist.“
Gibt es ein Muster, welche Familien besonders betroffen sind?
Marie Beddies: „Grundsätzlich kann jeder von häuslicher Gewalt betroffen sein und abhängig von Bildung, Status oder Religion. Wir haben in unserer Beratung alles von der Akademikerin bis zu Frauen, denen der Mann verboten hat, die deutsche Sprache zu lernen.“
Wem helfen Sie?
Marie Beddies: „Jeder kann sich an uns wenden. Einzige Bedingung ist, dass die Frauen im Landkreis Böblingen wohnen müssen. Wir sind aber auch für Angehörige, Bezugspersonen und Fachkräfte da wie Nachbarn, Freunde oder Polizei, Jugendamt oder Lehrer und Kindergärtnerinnen. Dabei schützen wir die betroffenen Frauen bis hin zu einem Umzug in ein Frauenhaus. Da es so eine Einrichtung aktuell im Landkreis Böblingen nicht gibt, müssen wir auf umliegende Kreise ausweichen. Wir selbst sprechen dabei nur mit den Betroffenen, nicht mit den Tätern.“
Das ganze Stadtgespräch Böblingen mit Marie Beddies ist am Montagabend ab 18 Uhr bei Regio TV zu sehen und in Kürze auch auf www.szbz.de